8 Tipps für Pilateslehrer

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8 Dinge, die ich mir als Pilateslehrerin jeden Tag bewusst mache und heute mit euch teilen möchte:

1. SEI DANKBAR!

Die Teilnehmer deines Pilateskurses haben sich aufgerafft und haben sich mit Hin- und Rückfahrt weit mehr als eine Stunde Zeit genommen, zusätzlich zu der Pilateskursgebühr vielleicht sogar einen Babysitter oder einen Parkschein bezahlt und sich beeilt, um pünktlich in deinem Kurs zu erscheinen. Sie verlassen sich auf dich und deine Kompetenz. Sie hätten auch zuhause eine Pilates-DVD anschalten können… Aber sie sind da, um von dir zu lernen. Das ist nicht selbstverständlich. Sei dankbar und zeig es auch!

2. DU BIST KEIN PILATES-VIDEO!

Beweg dich! Und zwar weg von deiner Matte und hin zu deinen Teilnehmern! Du bist kein Youtube-Pilatesvideo! Du bist ein lebendiges Wesen und spulst nicht einfach nur dein monotones Programm ab. Das heißt auch, dass du die Übungen nur vereinzelt mal kurz vorturnst. Sei zugewandt: Nutze den Raum, verlasse deine Matte, „wandle herum“, motiviere die Teilnehmer und korrigiere sie, falls nötig! Du magst Pilates? Das ist schön. Aber darin unterscheidest du dich auch nicht von deinen Teilnehmern… Du bist der Trainer und als solcher solltest du versuchen, deine Begeisterung und dein Pilatesfieber an deine Kursteilnehmer auf jede nur mögliche Art und Weise weiterzugeben. Und das kannst du, indem du kein langweiliger Vorturner bist, sondern aktiv auf deine Teilnehmer eingehst und die Übungen flexibel an sie anpasst. Also turn lieber zuhause und mach dir immer wieder bewusst: Die Teilnehmer sind nicht da, um dir beim Turnen und Schwitzen zuzugucken!

3. BESTIMME DIE STIMMUNG!

Welchen Stimmen lauschst du im Alltag gerne? Welche Stimmfarbe verbindest du allgemein eher mit Kompetenz und welche Stimmintensität empfindest du eher als vertrauenswürdig und angenehm? Deine Teilnehmer müssen/dürfen dir eine Stunde lang zuhören. Deine Stimme vermittelt vom ersten Ton an eine Grundstimmung im Kursraum, die den Kursverlauf auf sehr positive Weise beeinflussen kann. Du solltest dich also fragen: Welche Stimmung möchtest du mit deiner Stimme vermitteln? Möchtest du die Teilnehmer gerade beruhigen und entschleunigen, damit sie sich mehr auf die kleineren Bewegungen konzentrieren oder möchtest du sie für eine dynamischere oder anstrengendere Übung motivieren? Mit den vielen Facetten deiner Stimme kannst du deiner Pilatesstunde so viel (Stimm)Farbe verleihen. Vermeide also Monotonie, aber bedenke auch – falls du jemand mit einem etwas lauteren Organ bist –, dass vermutlich 90 Prozent deiner Teilnehmer eher vom Alltag gestresste Menschen sind, die sich über eine tendenziell ruhige (aber nicht einschläfernde!) Anleitung freuen werden. Eine feste und warme Stimme vermittelt zudem Kompetenz und die Teilnehmer werden sich viel schneller auf dich und deine Übungen einlassen und ihren Körper dank deiner hoffentlich präzisen verbalen Anleitung wahrnehmen, ohne dass du ihnen die Übungen ständig vorturnen musst. Am besten übst du das präzise, inhaltliche Anleiten übrigens, indem du dir selbst gar keine Trainingsmatte hinlegst und dadurch gezwungen bist, nur mit deinen Worten, deiner Stimme und deinen Händen zu erklären.

4. LASS DIR NICHT DAZWISCHEN SINGEN!

Falls du während deiner Pilatesstunde Hintergrundmusik ablaufen lässt, sollte diese dort auch bleiben: im Hintergrund. Du verlangst von deinen Teilnehmern Konzentration auf die korrekte und kontrollierte Ausführung der Übungen? Dann solltest du auch Wert darauf legen, dass diese dich und deine präzise Anleitung verstehen können. Ein Lied im Hintergrund mit einem plötzlich dramatisch jodelnden Sänger und Instrumentenwirrwarr lenkt unnötig von deiner Stimme ab und somit auch vom Pilatestraining. Vermutlich würde Joseph Pilates sich sowieso im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass heutzutage in den meisten Pilateskursen in Fitnessstudios laute Musik abgespielt wird. Gerade bei Anfängern sollte allein die Atmung den Bewegungen in einer Pilatesstunde ihren Rhythmus geben… und nicht der Popsong im Hintergrund. Eine leise Melodie im Hintergrund kann Pilates-Anfängern allerdings auch manchmal helfen, die üblichen Alltagsgedanken auszublenden und sich auf die neuen langsamen Bewegungen einzulassen. Leise Musik oder keine Musik? Am besten fragst du deine Teilnehmer, wie sie es am liebsten mögen!

5. FRAG DOCH EINFACH!

Du möchtest, dass deine Teilnehmer regelmäßig wieder zur dir kommen und in lächelnde Gesichter blicken nach der Pilatesstunde? Ein guter Schritt in die richtige Richtung ist, dass du sie einzeln beim Betreten des Raumes anschaust und begrüßt oder dass du die Gruppe vor der Stunde kurz befragst. Stelle diese Frage besser in die Runde. So können die Teilnehmer freiwillig antworten und fühlen sich nicht wie in einer Befragung oder Schulstunde. Fragen wie z. B. „Wie habt ihr euch nach der letzten Stunde gefühlt?“ oder „Was wünscht ihr euch für diese Stunde?“ kommen normalerweise sehr gut an. Dann kannst du anhand dieser Antworten spontan deinen vorherigen Plan ändern und den Fokus auf diese Wünsche hin ausrichten.

6. SIE MÜSSEN DICH NICHT LIEBEN!

Wie beruhigend… Die Teilnehmer sind nicht da, um deine besten Freunde zu werden! Dafür haben sie dich sicherlich NICHT bezahlt und sich eine Stunde frei genommen. Sie müssen nicht dich lieben, sondern Pilates! DAS sollte die Mission für jede deiner Unterrichtsstunden sein. Wenn dabei der ein oder andere Teilnehmer auch dich als Mensch mag und sogar eine Freundschaft entsteht, dann ist das natürlich wunderbar, aber nicht der Grund, warum du deine Arbeit machen solltest. Denn eines ist sicher: Du wirst niemals jeden glücklich machen können und es wird immer Kritiker geben, die etwas an dir auszusetzen haben werden. Und das ist okay. Zum Glück gibt es noch so viele andere Trainer und andere Studios, die du dann hoffentlich wärmstens empfehlen kannst. Auch wenn du natürlich hoffst, dass alle Teilnehmer bei dir glücklich werden  (und sie dich vielleicht auch ein wenig als Mensch mögen). Und wenn nicht? Dann nicht.

7. KENNE DEINE LIEBLINGSWÖRTER!

Jeder hat sie! Nach einigen Stunden des verbalen Anleitens gewöhnt man sich des Öfteren wie auch im Alltag so oft unbemerkt unnötige und nervige Füllwörter, Lieblingsfloskeln und Lieblingswörter an. Plötzlich benutzt man ein Wort ständig und in fast jedem Satz und merkt es noch nicht mal… Das kann für deine Zuhörer sehr anstrengend sein. Es gibt vielleicht Teilnehmer, die dir mehr als dreimal die Woche über Monate zuhören (müssen) und du solltest großen Wert darauf legen, dass sie sich nicht irgendwann aufgrund deiner monotonen Wortwahl von dir abwenden, denn dann wirst du doch zu einem dieser immer wieder neu abgespielten Pilatesvideos und das möchte doch keiner sein! Um das zu vermeiden, könntest du eine Tonaufnahme deiner Stunde machen und deine verbale Anleitung durch das Abhören im Nachhinein nochmal auf diese Dinge hin prüfen. Oder frag eine Person, der du ein ehrliches Feedback zutraust, ob sie bei dir eine Supervision machen könnte. Gib ihr am besten vor der Supervision den Hinweis, auf was sie in der Stunde bei dir achten sollte!

8. SEI DANKBAR!

Weil es nicht oft genug gesagt werden kann! Sei dankbar und freu dich – vielleicht sogar besonders über die neuen Teilnehmer, die auch beim dritten Mal dieselben Bewegungen noch „falsch“ ausführen. ES IST NICHT SCHLIMM. Warum?

Hauptsache, sie bewegen sich überhaupt!

Sie sind da, um es jetzt von dir zu lernen!

Dank dieser vermeintlich etwas begriffsstutzigen Teilnehmer lernst du auf verschiedenste Art und Weise ein und dieselbe Sache zu erklären. Mit Händen und Füßen, Worten und Stimme und allen Hilfsmitteln, die du hinzuziehen kannst. Dein Repertoire als Trainer erweitert sich dadurch und du bist vielleicht irgendwann in ferner Zukunft für jede Situation gewappnet. Ich bin davon überzeugt: Auf richtige Art und Weise vermittelt ist Pilates für jeden geeignet. Aber auch nur dann! Du bist der Vermittler zwischen der in Joseph Pilates‘ Buch beschriebenen Methode und dem echten Menschen, der nun freiwillig vor dir auf der Matte sitzt. Teile dein Wissen Schritt für Schritt. Und dann wirst du so viel Dankbarkeit zurückbekommen, dass du vermutlich nach Hause fliegen wirst.

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Abschließend möchte ich sagen, dass mein neues Lieblingsfüllwort derzeit vermutlich „VERMUTLICH“ ist. Ich werde das weiter beobachten